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REVIEW — Stomper 98 – Althergebracht

Göttingens finest Oi! melden sich zum 20jährigen Bandbestehen mit neuem Album zurück. Bandintern wurde es in der Zwischenzeit noch ein wenig internationaler. Neben Phil Templar (Templars) am Schlagzeug, findet man jetzt auch Lars Frederiksen (Rancid/ The Old Firm Casuals) an der Gitarre.

Stomper 98 holen auf Althergebracht zum Rundumschlag mit der Gesellschaft aus und das ohne nach unten zu treten. In einer Gesellschaft, in der man sich nur noch über Konsum, Egoismus und Missgunst bemisst, kann es Keine Helden geben. Auch die Hoffnung auf neue Helden schwindet wenn man sich auf unseren Straßen umschaut. Menschen werden nicht mehr an ihren Taten gemessen, die sie eventuell zu einem guten Menschen oder zu einem Arschloch machen, sondern an ihren Handymodellen und ihrem Einkommen. Menschen, die zu neue Helden werden könnten, werden zu Egoisten erzogen und verlernen nach links, rechts oder nach unten zu schauen. Manchmal möchte man sich wünschen, dass sich Erwachsene ein Beispiel an ihren Kindern nehmen. Kinder gehen unvoreingenommen in die Welt. Ihnen ist egal welche Hautfarbe du hast, ihnen ist deine Religion egal, ihnen ist dein Einkommen egal und sie helfen dir auf, wenn du wieder aufs Maul bekommen hast. Erwachsene hingegen, bewerten dich nach Kriterien und wenn du aufs Maul bekommen hast, ist das einzige was dann hochkommt nicht du, sondern der Upload des Videos, auf irgend einem YouTube Kanal. Werte Eltern, erziehen Sie bitte Helden des Alltags und keine Werkzeuge des Konsums!

Manchmal hämmern sich bestimmte Songs ungefragt in die Gedankengänge. Vor allem, wenn das Schicksal frühs mal wieder mit dem falschen Bein aufgestanden ist und irgendjemanden ins Gesicht spucken muss.  Auf dem Album Althergebracht sind das bei mir die Songs Diese Nacht und Alter Freund. Und das ist schon ein etwas komisches Gefühl, vor allem wenn man die Möglichkeit hat, vorab in ein Album zu schnuppern. Manchmal fragt man sich, was Menschen machen, wenn man sie nicht an den gewohnten Orten findet und man wundert sich, warum das verhasste Handy stumm bleibt. Doch was ist wenn jene Person selbst zu Hause hockt, weil jenes Handy tagelang still blieb? Was ist, wenn das Handy dann doch klingelt, man aber nicht die erhoffte Person am Ohr hat, sondern die gesprochenen Worte zu einem schwarzen Loch werden, in das man fällt? Unwissend von den Geschehnissen der letzten Tage, trifft man wieder auf jene Person in gebrochener Haltung und in leiser und monoton gedrückter Stimme erfährt man, dass wieder jemand die Bühne des Lebens verlassen hat. Der letzte Akt ist vorbei, der Vorhang ist für immer gefallen und vor der Bühne ertönt kein Applaus, kein Orchester, keine Standing Ovations, sondern nur Leere und Stille. Dies sind Momente, in denen dieses Dröhnen im Kopf einsetzt und man sich kurz fangen muss. Zugegeben, hielt sich mein Kontakt mit der Person, die von uns gegangen ist, in Grenzen. Man grüßte sich, redete bei Gelegenheit miteinander oder man lachte bei einer Kippe vor der Tür, über schlechte Scherze. Trotzdem macht einen der viel zu frühe Abgang nachdenklich. Doch mehr Gedanken macht man sich über die Person, die einem gerade mit tauber Stimme diese Nachricht übermittelt hat.  Vor allem wenn es für jene Person, der erste dieser abgefuckten Schicksalsschläge ist und jene Person nicht nur jemanden verloren hat, den man kennt, sondern einen guten Freund. Man möchte dann meist sagen, dass alles gut wird und dass die Zeit alle Wunden heilt. Doch wann wird schon alles gut? Und was heilt eigentlich die Zeit? Meines Erachtens nichts. Überhaupt nichts! Viel mehr kommt einem das unwohle Gefühl wieder hoch, als der Boden zu oft unter einem selber bebte, sich mit Bier tränkte und man anderen Menschen in den Armen lag. Ob einem nun in der Vergangenheit das Handy aus dem Schlaf riss, mit der Bitte ins Krankenhaus zu kommen oder ob man unangenehme Nachrichten im Gespräch vermittelt bekommt, eins bleibt immer dasselbe. Der taube Inhalt des Kopfes, nimmt alles nur noch in Slow Motion wahr und Gesprochenes findet nur noch einen dumpfen Wiederhall. Und fast jeder, der dieses beschissene Gefühl jemals hatte, findet sich in den Liedern Alter Freund und Diese Nacht wieder, wenn man sich in den eigenen Gedanken verläuft, sich in Selbstgesprächen wiederfindet und nur noch sauer auf jenen sein mag, der einen für immer verlassen hat. Wie gesagt, Zeit heilt keine Wunden, Zeit hilft nur Sachen zu verarbeiten. Das einzige was wirklich hilft, sind Menschen, die einem zuhören und für einen kleinen Augenblick zu Helden werden. Und wenn man das jetzt so liest, kann man noch so stöhnen und die Augen verdrehen, aber wenn aus nächster Nähe jemand geht, lässt es nie jemanden kalt und da kannst du ein noch so harter Straßenköter sein.

Jetzt mal genug der Gefühlsduselei.

Der Fokus des Albums liegt, wie man es eigentlich auch erwartet, beim Skinheadkult, der Unity und der Freundschaft. Sei es eine Hommage an alte Freunde, wie bei den Songs Wir folgen den Rufen oder Für den Augenblick, der Aufforderung immer wieder aufzustehen und um für das eigene Glück zu kämpfen, wie in Nicht ist für immer oder die Vertonung des Way of Life, bei Skinhead oder Gesetz der Straße. Althergebracht ist eine ziemlich runde Sache geworden. Soundtechnisch ist das Album roher und kitzelt ein wenig an den alten Scheiben. Der Gesang ist deutlich wütender und die doch teilweise langgezogenen Refrains sind nun verschwunden.

Streetdate ist der 30. März und das gute Stück erscheint via Contra Records. Das Vinyl gibt es 500x in solid black, 500x in red, 500x in oxblood/black marbled und 500x in gold.

Stomper 98 - Skinhead

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Stomper 98 Record-Release-Shows:

 

26.04 Magdeburg – Factory

27.04 Chemnitz – AJZ

28.04 Oberhausen – Kulttempel

29.04 Rostock – Zwischenbau

 

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