„Ich kann immer noch nicht singen und spiel jetzt bei Rock am Ring“
heißt es bei Alles auf Rausch. Ich erinnere mich dunkel an eine Zeit zurück, als die ganzen SocialMedia-Netzwerke noch in ihren Kinderschuhen steckten. Damals sendete mir eine kleine Band auf Myspace eine Freundschaftsanfrage mit ungefähren Wortlaut: „Hi wir sind Feine Sahne Fischfilet, kommen aus der nähe von Rostock und haben kürzlich unser erstes Album herausgebracht. Das gibt es bei uns auf der Homepage zum Download. Höre doch mal rein!“
Ok ok, das Zitat ist möglicher weise völlig verfälscht aber so ungefähr war es. Schaut man sich heute das Video zu Alles auf Rausch an, kann man kaum noch glauben das die Jungs einmal in kleinen Clubs zu Hause waren. Man bekommt in dem Video auch einen grandiosen Einblick in die Liveshows von Feine Sahne, die spannender als jeder Actionfilm sind. Verfolgt man die Band auf den sozialen Netzwerken, hat man auch den Eindruck, dass sie ihren Erfolg noch nicht richtig begreifen können.
Das Album bietet aber auch Tiefgang. Wie zum Beispiel im Song Zuhause. Zugegeben wohnen wir alle in einer Wohlstandsgesellschaft. So ziemlich jeder von uns lebt in seinen eigenen Vier Wänden, mit einem Dach über dem Kopf. Die Ausstattungen jener Wohnräume sind durch fast alle sozialen Schichten gleich: ein Platz zum Schlafen und zum Essen, neben diversen materiellen Schnick Schnack. Idealer Weise sind wir von Menschen umgeben, die uns stützen. Ob diese Menschen nun Freunde oder die Familie sind, sei dahingestellt. Jene Faktoren, die uns ein Gefühl von Sicherheit und Heimat geben. Hingegen gibt es ebenfalls Menschen die sich nach einem Zu Hause sehnen. Menschen, die durch Zäune und andere Bauwerke, vom europäischen Wohlstand ferngehalten und somit ihrem eigenen Schicksal überlassen werden. Menschen, denen durch ein staatliches Konstrukt erklärt wird, dass sie anders und hier nicht erwünscht sind.
Feine Sahne verarbeiten auf ihrem Album aber auch persönliche Erlebnisse. Der Song Suruç erzählt die Geschichte von Monchi, als er nur knapp einem Terroranschlag entging. Im Jahr 2005 war Monchi mit der Hilfsorganisation „MV für Kobanê“ in der türkischen Stadt Suruç um Hilfstransporte nach Syrien zu betreuen. Nur einen kurzen Moment bevor die Hilfsorganisation am Bestimmungsort eintraf, verübte der IS einen Bombenanschlag bei dem 30 Menschen ihr Leben verloren und über 100 Menschen verletzt wurden.
Aber auch den Eltern der Band Mitglieder wird Tribut gezollt. In Niemand wie ihr geht es um die bedingungslose Liebe zu den eigenen Kindern, bei all der Scheiße die sie bauen und das wird bei der Bande nicht selten der Fall gewesen sein.
Ein Lied das Live bestimmt Live ganz gut rüber kommen könnte ist Wo niemals Ebbe ist. Eine Hommage an die Ostsee. Wenn alle vor der Bühne Chor mitsingen können, wird die ein oder andere Gänsehaut nicht ausbleiben.
Im Großen und Ganzen bekommt der geneigte Feine Sahne Hörer das was er erwartet. Lieder zu Ausrasten, Lieder zum Nachdenken und Lieder, in denen man sich selbst wiedererkennt. Einfach ein guter Start in das musikalische Jahr 2018.